Der Narr ist eine schillernde Figur. Er ist eine Person, die aus irgendwelchen Gründen ausserhalb der Konventionen steht. Und die Reaktionen auf sie sind sehr verschieden: Bewunderung, Belustigung, Beachtung, Ablehnung, Verachtung — alles zugleich und meist nicht scharf getrennt.

Ein Narr ist bzw. wird man aus vielerlei Gründen — bewusst und selbstgewählt, vielleicht nur auf beschränkte Zeit oder weil die Mehrheit jemanden als solchen definiert, oder auch aus Gründen von körperlicher und psychischer Beeinträchtigung.

Wir wollen dem Narren in der Historie, der Gegenwart und Zukunft nachgehen. Dies zum Einen, weil uns der VSP, der Verein für Sozialpsychiatrie Baselland, eingeladen hat, in seiner Werkhalle in Münchenstein Gast zu sein.Zum Anderen, weil ja auch die Region eine eigene Narrenhistorie hat: 1494 wurde in Basel ein überaus erfolgreiches Buch gedruckt, Sebastian Brants «Narrenschiff». In diesem Narrenspiegel zeigt Brant seinen Zeitgenossen das Bild einer närrischen Welt.

Und 1511 erschien das Werk des grossen Humanisten Erasmus von Rotterdam, seine «Moriae encomium», auf Deutsch: «Lob der Torheit» bzw. «Lob der Narrheit»: Die Tor- bzw. Narrheit — je nach Übersetzung — regiert die Welt. Sie tritt auf und spricht: «Mögen die Menschen in aller Welt von mir sagen, was sie wollen — weiss ich doch, wie übel von der Torheit auch die ärgsten Toren reden —, es bleibt dabei: Mir, ja mir ganz allein und meiner Kraft haben es Götter und Menschen zu danken, wenn sie heiter und frohgemut sind.»Auch hier wieder: Der Narr und die Torheit sind ambivalent — Grund genug, den beiden vier Vorträge zu widmen.

Wann & Wo?

21. August bis 11. September 2011, jeweils sonntags, 11 Uhr
Werkhalle des Vereins für Sozialpsychiatrie Baselland, Münchenstein, Walzwerk-Areal

Das Programm

Sonntag, 21. August 2011, 11 Uhr
Dr. Thomas Röske, Leiter Museum Sammlung Prinzhorn, Klinik für Allgemeine Psychiatrie, Universitätsklinik Heidelberg
Die Faszination von Kunst aus der Anstalt im 20. und 21. Jahrhundert

Sonntag, 28. August 2011, 11 Uhr
Nathalie Baumann, Historikerin, Basel
Leiden an der Zeit. Betrachtungen zum Begriff der ‹Epochenkrankheit›

Sonntag, 4. September 2011, 11 Uhr
Prof. Dr. Martin Stingelin, Deutsches Seminar, Universität Dortmund
Von Dionysos über Nietzsche. Oder: Philosophie an der Grenze von hell und dunkel

Sonntag, 11. September 2011, 11 Uhr
Dr. phil. Sylvelyn Hähner-Rombach, Institut für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung, Stuttgart
Auf den Standpunkt kommt es an. Anstaltsbeschreibungen aus Patientensicht Anfang des 20. Jahrhunderts